In 50 Jahren um zehn Zentimeter gestiegen: Quo vadis Meeresspiegel?


Modellsimulation Meeresspiegel
Modellsimulation Meeresspiegel (Quelle: IFM-GEOMAR)

Pressemitteilung: 23.06.2011/Kiel. Als Folge der Erderwärmung ist der Meeresspiegel in den vergangenen 50 Jahren im Mittel um rund zehn Zentimeter gestiegen. Nach Einschätzung vieler Klimaforscher dürfte sich der Anstieg in den kommenden Jahrzehnten noch beschleunigen. Wie Wissenschaftler des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) jetzt zeigen konnten, gibt es dabei aber große regionale Unterschiede. Ursache dafür sind Veränderungen in den Meeresströmungen, die vor allem im tropischen Pazifik und Indischen Ozean zu stark schwankenden Wasserständen führen.

Warum stieg der Meeresspiegel in einigen Regionen des tropischen Pazifiks und Indischen Ozeans in den vergangenen 15 Jahren stark an, während es in den Jahrzehnten zuvor dort sinkende Wasserstände gab? Den Ursachen sind nun Kieler Meeresforscher durch Computersimulationen auf die Spur gekommen. Ihre jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Geophysical Research Letters publizierte Studie zeigt, dass Schwankungen in den Meeresströmungen, verursacht durch die Passatwinde im tropischen Pazifik, eine Schlüsselrolle spielen.

Den Einfluss von Wind und Meeresströmungen bekommt der tropische Pazifik vor allem infolge des El Niño-Phänomens zu spüren. „Das damit verbundene Hin- und Herschwappen des warmen Oberflächenwassers führt zu einem fortwährenden Auf und Ab des Meeresspiegels um 10 oder 20 cm innerhalb von wenigen Jahren“, erläutert Dipl. Ozeanographin Franziska Schwarzkopf, Autorin der Studie vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR).

Während diese kurzfristigen Schwankungen durch moderne Satellitenmessungen gut dokumentiert werden, war über das Muster längerfristiger Veränderungen bislang wenig bekannt: „Unsere mit neuentwickelten Strömungsmodellen vorgenommenen Computersimulationen zeigen, dass die regionalen Wasserstände auch noch über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten durch Windänderungen und Meeresströmungen geprägt werden“, erklärt der Leiter der Ozean-Modellierung und Co-Autor der Studie, Professor Claus Böning. Überraschender Befund der Kieler Forscher: Im Mittel über die letzten 50 Jahre erfuhren einige Bereiche im tropischen Pazifik und Indischen Ozean dadurch entgegen dem globalen Trend einen fallenden Meeresspiegel.

Die neuen Ergebnisse zum Meeresspiegelanstieg der letzten Jahrzehnte bedeuten eine zusätzliche Herausforderung für die Klimamodellierung: „Ob eine tropische Inselgruppe in den nächsten Jahrzehnten mit einem wesentlich höheren Anstieg als im globalen Durchschnitt rechnen muss oder ob der Meeresspiegel dort vorübergehend sogar fallen könnte, hängt entscheidend von der Entwicklung der Windsysteme und Meeresströmungen ab“, so Böning. „Künftige Forschungsprogramme werden den regionalen Schwankungen in den Ozeanen eine verstärkte Aufmerksamkeit widmen.“

Originalarbeit:

Schwarzkopf, F.U. and C.W. Böning, 2011: Contribution of Pacific wind stress to multi-decadal variations in upper-ocean heat content and sea level in the tropical south Indian Ocean. Geophysical Research Letters, 38, L12602, doi: 10.1029/2011GL047651.

Quelle: ifm-geomar.de


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